Dorian Yates Blood & Guts Training
Bereits früh entschloss sich Dorian Yates für ein niedrigvolumiges, hochintensives Training. Er konzentrierte sich auf mehrgelenkige Übungen wie Bankdrücken, Langhantelrudern oder Beinpressen, die er als sein "Massearsenal" bezeichnete.
Zu Beginn seiner Karriere führte er einen Torso / Extremitäten Split durch. Dabei absolvierte er pro Muskelgruppe je nach Größe zwischen drei und maximal zehn Sätzen. Übrigens empfiehlt er diese Art des Trainings auch Anfängern und Fortgeschrittenen, nach einer Einführungsphase mit einem Ganzkörpertraining zum Erlernen der Grundübungen. Dieser Plan kann beibehalten werden, solange man Fortschritte macht. Es wird an jedem zweiten Tag oder auch das ganze Wochenende pausiert, so dass jeder Muskel etwa alle vier Tage trainiert wird. Es sind pro Übung 2-3 Arbeitssätze durchzuführen. Die Wiederholungsanzahl kann je nach Übung zwischen 5-12 variieren. Alle vier bis sechs Wochen oder wenn man sich ausgebrannt fühlt, empfiehlt er ein Regenerationstraining, bei dem man das Gewicht auf ca. 70 % seiner normalen Gewichte reduziert.
Wie Dorian Yates in einem seiner Artikel beschreibt, lehnte er es strikt ab, 15-20 Sätze pro Muskelgruppe zu machen:
"Wenn du 15 Sätze für deine Brust machst und du hast grade deinen dritten Satz beendet, wirst du dir beim nächsten Satz komplett den Arsch aufreißen und alles geben, wenn du weißt, du musst noch 12 weitere Sätze machen? Das ist nicht möglich."
Ungefähr zwischen 1985 und 1987 wechselte Yates auf einen 3er Split: Brust und Arme, Beine sowie Rücken und Schultern. Er führte pro Übung nur noch maximal zwei Arbeitssätze bis zum Muskelversagen durch. Nach dem ersten Satz reduzierte er das Gewicht um ca. 10-15 % und schloss den zweiten Satz an. Zu dieser Zeit verwendete er nur sporadisch Intensitätstechniken wie Drop-Sätze. Nach seinem Profi-Debüt wurde die "FLEX" auf ihn aufmerksam und veröffentlichte einen Artikel in dem er als "Neo-Mentzer" bezeichnet wurde. Mit ebendiesem traf er in der Vorbereitung auf den Mr. Olympia 1992 zusammen. Nach dem Training unter Anleitung seines Masterminds und ausführlichen Diskussionen über Trainingstechniken, entschloss er sich, die Intensität weiter hochzuschrauben und seine Arbeitssätze auf nur noch einen pro Satz zu reduzieren. Yates setzte jetzt auch mehr Techniken wie Rest-Pausen, Intensivwiederholungen oder Dropsätzen ein, um alles aus sich herauszuholen. Zur Vorbereitung auf die folgenden Mr. Olympia 1992-97 trainierte er nach einem 4er Split, vier bis fünf Mal wöchentlich.
Im Laufe seiner Karriere entwickelte Yates einzigartige Techniken und Übungen, die er heute in Seminaren weitergibt. Am bekanntesten sind die nach ihm benannten "Yates Rows". Dabei handelt es sich um eine modifizierte Form des Langhantelruderns. Im Gegensatz zur traditionellen Variante wird der Rücken hierbei nicht fast parallel zum Boden, sondern in einem Winkel von ca. 60-70 Grad gehalten. Dadurch wird der untere Rücken in eine mechanisch stärkere Position gebracht.
Die Hantelstange wird in einem, etwas weiter als schulterweiten Untergriff gehalten, so wird der Bizeps in seiner anatomisch stärksten Position positioniert. Der Fokus der Übung zielt mehr auf den Latissimus, anstatt wie bei der herkömmlichen Variante mehr auf den oberen Rücken.
Neben dem Langhantelrudern macht Yates die von Arthur Jones entwickelte Nautilus Pullover Maschine für seine herausragende Rückenentwicklung verantwortlich.
Kritisch sieht Yates das Flachbankdrücken: Wenn man Probleme dabei habe die Brust zu spüren, empfiehlt er auf Negativ-Bankdrücken umzustellen.
Grundsätzlich sind alle Wiederholungen kontrolliert, mit einer schnellen positiven Phase, einem kurzen innehalten in statischer Position und einer langsamen, negativen Phase auszuführen.
The Beginning: Dorian Yates Anfänge und Wettkampfkarriere
Dorian Yates wurde am 19.04.1962 in England geboren. Seine Eltern trennten sich und er wuchs in einem ländlichen Gebiet in Shaffordshire bei seiner Mutter auf. Im Teenager-Alter zog er mit seiner Familie nach Birmingham und schloss sich in seiner frühen Jugend einer Skinhead Gang an, wurde straffällig und zu einem sechsmonatigen Jugendarrest verurteilt.
Nach Yates Aussagen führte die Zeit in der Arrestanstalt dazu, dass er sich Gedanken über seine Zukunft machte und sich schlussendlich dazu entschloss, sein Leben zum Besseren zu wenden. Aufgrund seiner guten, körperlichen Konstitution und überdurchschnittlichen Fitness hatte er sich eine Karriere als Profi-Bodybuilder zum Ziel gesetzt.
Yates las sich in verfügbare Literatur zum Thema Bodybuilding und Krafttraining ein und stieß dabei auf die Werke von Arthur Jones und Mike Mentzer und das von ihnen propagierte HIT bzw. Heavy Duty Training.
Im Jahre 1983 begann Dorian Yates mit dem Gewichtstraining. Schnell bemerkte er, dass er mit dem damals üblichen "three-days on – one day off" Rhythmus nicht klarkam. Seine Trainingsintensität war einfach zu hoch, um drei Tage hintereinander zu trainieren. Zunächst trainierte er seinen Körper nach einem Torso/ Extremitäten Zweier-Split und gönnte seinem Körper nach jedem Training einen Tag Pause. Als er bemerkte, dass auch dies zu viel wurde, beschloss er am Wochenende komplett zu pausieren, um die nötige Regeneration zu erhalten.
1985 nahm er das erst Mal an einem lokalen Wettbewerb teil, den er gewinnen konnte. Daraufhin wurde er vom Britischen Verband zu den World Games eingeladen, bei denen er, einen für ihn enttäuschenden, 7. Platz belegte. Er bereitete sich ein weiteres Jahr vor und gewann 1986 die Britische Schwergewichtsmeisterschaft. Im übernächsten Jahr holte er den Gesamtsieg, wodurch er sich eine IFBB Pro-Card sichern konnte.
Daraufhin zog Yates sich für zwei weitere Jahre in das von ihm 1987 erworbene "Temple Gym" zurück, um sich akribisch auf sein Profi-Debüt vorzubereiten. Aufgrund der Tatsache, dass er sich fernab des Bodybuildingzentrums USA und nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit in England vorbereitete, um dann wie aus dem Nichts aufzutauchen, taufte ihn der britische Reporter Peter McGough "The Shadow".
Yates beschrieb es später in einem Interview so:
"Die meisten Profibodybuilder in den USA sahen sich ständig im Gold’s Gym in Kalifornien und konnten so sehen, wer wie gut in Form war. Damals gab es kein Internet. Ich trainierte alleine in Birmingham im Temple Gym niemand wusste, wie ich aussah. Ich erschien bei einem Wettbewerb, gewann ihn und verschwand wieder."
Für sein Profi-Debüt 1990 wählte er die heute als NY Pro benannte "Night of the Champions" in New York. Dort belegte er auf Anhieb den 2. Platz hinter Mo Benaziza. Im Nachhinein erklärte er, wäre er nicht in die Top-Five gekommen, hätte er seine Karriere als Bodybuilder beendet, denn er wollte sich auf keinen Fall mit durchschnittlichen Platzierungen zufriedengeben.
Im Folgejahr kehrte Yates zurück und sicherte sich den Titel. Darüber hinaus trat er 1991 zum ersten Mal beim Mr. Olympia an. Dort belegte er zum letzten Mal in seiner Karriere nicht den 1. Platz, sondern wurde vom achtmaligen Mr. Olympia Lee Haney auf den zweiten Platz verwiesen.
Mit Dorian Yates begann die Ära der sogenannten "Masse-Monster". Diese unterschieden sich einerseits durch eine, wie der Name es bereits vermuten lässt, größere Muskelmasse, als auch durch ein anderes Level der Konditionierung, im Vergleich zu ihren Vorgängern aus der "Golden Ära" der 70er und 80er Jahre.
Good to know: Nach 1991 gewann Dorian Yates den Mr. Olympia 6 mal Mal in Folge, wobei er sich gegen eine harte Konkurrenz mit so klangvollen Namen wie Lee Labrada, Kevin Levrone, Shawn Ray, Flex Wheeler, Nasser El Sonbaty oder Lee Priest behaupten musste. Nach mehreren Verletzungen trat er nach dem 97er Mr. O nicht mehr an und beendete seine Karriere.
Dorian Yates Leben nach der aktiven Laufbahn
Nach dem mehr oder weniger freiwilligen Ende seiner Karriere aufgrund einer Trizeps Verletzung im Jahre 1997 blieb Yates der Bodybuildingszene weiter erhalten. Er führt weiterhin mit seiner Familie das Temple Gym in Birmingham und mehrere Ableger und bietet Personal Trainings an. Weiterhin hält er Seminare ab und schreibt Artikel für das Magazin "Muscular Development".
Auch nach seinem Karriereende ist Yates weiter ein überzeugter Verfechter des HIT. Auf der Homepage von Bodybuilding.com veröffentlichte er 2010 ein komplettes Trainingstutorial "Blood an Guts" mit Videos, aufbauend auf einen 4er-Split. Allerdings räumt Yates ein, dass HIT nicht für jeden geeignet ist. Wer mental nicht in der Lage ist, sich in einem Satz voll zu verausgaben, der sollte ein Dreisatz-Training beibehalten.
Mit welcher Intensität Yates auch heute noch in die Eisen steigt, kann man in einem You Tube Video sehen: Bei einer Bein-Trainingseinheit mit seinem alten Rivalen aus den 90ern Chris Cormier, der beileibe kein Anfänger ist, sieht man wie dieser seinen Mageninhalt auf die Straße vor dem Temple Gym verteilt.
Wer nicht in der Lage ist eine derartige, oder zumindest ähnlich hohe Intensität Tag für Tag abzurufen, der sollte vom HIT lieber die Finger lassen.
Grundsätzlich ist mit steigenden Gewichten das Volumen zu reduzieren, da die Intensität immer weiter ansteigt:
"Sagen wir ein Anfänger macht vielleicht drei Sätze Kniebeugen mit 100 Pfund bis zum Versagen. Das setzt deinen Körper unter einen gewissen Stress. Sechs Jahre später machst du Sätze mit 400 Pfund. Das ist vier Mal mehr Gewicht und viel mehr Stress für deinen Körper. Aber dein Nervensystem und deine Erholungsfähigkeit ist immer noch die gleiche wie am ersten Tag. Ein Satz mit 400 Pfund ist wahrscheinlich anstrengender für deinen Körper als drei Sätze mit 100 Pfund. Daher sollte man das Volumen reduzieren vorausgesetzt die Intensität ist hoch."
Laut Yates machen die meisten Leute keine Fortschritte mehr im Studio, sondern sehen jedes Jahr gleich aus. Die meisten Fortschritte erzielt der durchschnittliche Studiogänger in den ersten zwölf Monaten, danach stagnierten die meisten. Wichtigster Messgröße für ein gutes Trainingsprogramm wäre daher die Gewichtsprogression. Man sollte versuchen, sich in jedem Training zu steigern.
Gerne stellt Yates bei seinen Seminaren auch die rhetorische Frage, wie viele Sätze die Teilnehmer für ihren Bizeps ausführen. Oft kommen dabei 9 – 15 Sätze heraus. Daraufhin stellt Yates die Gegenfrage, wie viele Sätze sie dann für ihren Trapezmuskel benötigen, welches der größere Muskel ist. Er hält zwei bis drei schwere Arbeitssätze für kleine Muskeln für völlig ausreichend.
Hinsichtlich der Ernährung empfiehlt Yates eine moderate Proteinzufuhr von 2 bis 3 g je kg Körpergewicht.
Laut Yates ist ohne eine ausreichende Zufuhr an Kohlenhydraten ein hochintensives Training nicht gut durchführbar. Der Fettanteil sollte etwa 30 % der Proteinzufuhr betragen. Somit sollten etwa 50 – 60 % der Energie aus Kohlenhydraten, 25 – 30 % aus Protein und etwa 15 – 20 % aus Fett stammen. Selbstverständlich ist auf qualitativ hochwertige Nahrungsmittel und Supplements zurückzugreifen.
Yates lehnt ein extremes Bulking in der Off-Season ab, da man sonst zu viel Körperfett aufbaut, welches man dann wieder mühselig in der Wettkampfvorbereitung abbauen muss, wobei auch die Gefahr besteht mehr Muskelmasse zu verlieren.
Dorian Yates ist einer der wenigen Profibodybuilder, der den Einsatz von Dopingmitteln nie verschwieg und seinen kompletten Zyklus in einer vielbeachteten Artikelserie "The Lowdown on Drugs" in "MUSCULAR DEVELOPMENT" darlegte. Darin bekannte er auch in seiner aktiven Zeit HGH (Wachstumshormone) und 1997 auch Insulin eingesetzt zu haben. Allerdings gab er dem Insulin die Schuld an seiner etwas aufgeschwemmten Mittelsektion beim Mr. Olympia 1997 und rät vom Einsatz ab. Massiv kritisiert er auch den Konsum in der heutigen Pro-Szene, die oft ihre mangelnde Genetik und Trainingsmoral mit Doping wettmachen wollen.
Dorian Yates lebt heute mit seiner zweiten Frau, dem Fitness-Model Gal Ferreira-Yates, hauptsächlich in Marbella, Spanien. Er hat einen Sohn Lewis Yates.