Hyrox Sled Push

Sled Push – Hyrox-Serie: Disziplin #2

In dieser Serie stellen wir dir alle 8 (bzw. mit Running 9) Hyrox-Disziplinen vor und erläutern dir für jede Station alles Wissenswerte zu den Bereichen Technik, Training und Wettkampftaktik. Dabei erörtern wir wichtige Unterschiede zwischen Single- und Double-Startern und helfen dir häufige Fehler zu vermeiden.

Folge unseren Profi-Tipps und du wirst das Optimum aus deinem Training und deinem nächsten Rennen herausholen.

Hyrox-Disziplin #2 – Sled Push

Anforderungsprofil

Jetzt wird es ernst! Nachdem du den SkiErg und den folgenden zweiten Run hinter dich gebracht hast folgt in dieser frühen Phase des Rennens eine der Schlüsseldisziplinen im Hyrox – der Sled Push. Dabei musst du einen Gewichtsschlitten insgesamt 50 m (aufgeteilt in 4 x 12,5 m-Abschnitte) weit schieben. Das Gewicht unterscheidet sich hierbei je nach Kategorie; insgesamt gibt es 3 Gewichtsstufen (Angabe immer inkl. Eigengewicht des Sleds):

  • 102 kg – Women’s Open (Single und Double)
  • 152 kg – Women’s Pro (Single und Double), Men’s Open (Single und Double), Mixed Double
  • 202 kg – Men’s Pro (Single und Double)

Insbesondere die Pro-Gewichte haben es wirklich in sich und sind ein wahrer Leg-Killer! Du benötigst neben einer hohen Grundkraft vor allem eine gute Kraftausdauer in der Oberschenkelmuskulatur und die richtige Taktik, um die Laktatbildung unter Kontrolle zu halten.

Zudem ist der Wettkampf-Teppich von Hyrox geradezu berüchtigt dafür, den Schlitten nur sehr zäh gleiten zu lassen. Viele Athleten sind gerade bei ihrem ersten Rennen überrascht, wie schwer sich der Schlitten im Wettkampf im Vergleich zum heimischen Gym anfühlt. Sei dir also gerade im Training immer bewusst, dass das Schlittengewicht an sich nichts aussagt, sondern immer von der Kombination Schlitten und Teppich (Hersteller, Abnutzungsgrad etc.) abhängig ist!

💡Need to know: Der Sled Push ist die erste Disziplin, in der sich das Feld in der Regel deutlich auseinanderzieht. Bist du hier stark aufgestellt, kannst du dir eine hervorragende Ausgangsposition für den Rest des Rennens erarbeiten. Dabei solltest du zügig mit nur kurzen taktischen Pausen durch die Station kommen und gleichzeitig die Erschöpfung möglichst geringhalten.

⚠️ Vorsicht: Beim Sled Push kannst du dich leicht verausgaben, was du nicht nur im folgenden Run, sondern im kompletten restlichen Race schmerzhaft zu spüren bekommen könntest! Mit dem richtigen Training und einer Taktik, die auf deine Stärken und Schwächen abgestimmt ist, wirst du dir hingegen einen entscheidenden Vorteil erschaffen!

 

Sled Push Technik

Die richtige Ausführung und Tipps zu Technik, Training und Taktik siehst du hier im Video vom ersten Hyrox-Weltmeister Lukas Storath aka Luke.Fit:


Beim Sled Push haben sich 2 Techniken durchgesetzt, die abhängig von Kategorie und individuellen Präferenzen gewählt werden:

  1.  „Shoulder Push (gebeugter Arm)“: Die Arme sind gebeugt, Schultern gegen die Stangen gedrückt. Die Ellenbogen sind relativ nah am Körper fixiert, aber nicht so eng, dass die Atmung negativ beeinflusst wird. Diese Technik eignet sich insbesondere für sehr starke und explosive Athleten, die beispielsweise einen Kraftsport- oder American Football-Hintergrund haben. Ebenso kann im Double oder Relay der Shoulder Push die schnellere Option sein, sofern dir der Sled Push generell leicht fällt.
  2. Elbow Push (Schubkarre)“: Hierbei lehnst du dich mit dem Oberkörper über die Gewichte und hast mit dem Unterarm und der Ellenbogenbeuge Kontakt zum Schlitten. Dadurch ist dein Körperschwerpunkt wesentlich weiter über dem Schlitten und du kannst somit insbesondere schweres Gewicht kräfteschonender bewegen. Diese Technik ist biomechanisch am effizientesten und hat sich in den letzten Jahren bei den meisten Athleten vom Anfänger- bis in den Elitebereich im Wettkampf durchgesetzt. Einige Sportler kommen jedoch mit dieser Variante trotz der Vorteile nicht zurecht, weswegen du die verschiedenen Techniken unbedingt im Hyrox Training testen solltest.

Der Vollständigkeit halber soll noch die dritte Variante erwähnt werden:

  1. Straight Arm Push (gestreckter Arm)“: Du lässt die Arme gestreckt und stehst somit weit hinter dem Schlitten. Von dieser Technik raten wir ab, da die Kraftübertragung nicht ideal ist und sie die langsamste Variation darstellt. Zudem erfordert sie sehr gute Schultermobilität und Stabilität und sollte allenfalls von Athleten mit einem sehr stabilen Overhead-Squat in Betracht gezogen werden. Vorteil ist hierbei eine etwas freiere Atmung durch den geöffneten Brustkorb und eine minimale Entlastung der Oberschenkel. Dadurch kann es sinnvoll sein durch die Techniken durchzuwechseln, um einzelne Muskelpartien zeitweise leicht zu entlasten; diese Variante sollte aber keinesfalls deine primäre Technik sein.

Unabhängig von der Wahl deiner Schubtechnik solltest du einige Punkte beachten:

💡Need to know: Beim Anschieben empfiehlt sich eine Parallelstellung der Füße. Hiermit hast du einen höheren Kraftimpuls und kannst den Sled leichter und explosiver in Gang bringen. Gehe aggressiv an den Schlitten und stelle dich mental darauf ein, dass er sich schwer anfühlen wird! Sobald der Schlitten in Bewegung ist setzt du kraftvolle Schritte mit einem Kniewinkel von ca. 90 Grad; so erzielst du den besten Kompromiss aus Schrittlänge und Kraftentwicklung. Setze dein volles Körpergewicht ein und lehne den Oberkörper mit geradem Rücken und festem Core („bracing“) weit nach vorne, um eine möglichst direkte Kraftübertragung zu gewährleisten.

⚠️ Achtung: Schiebe zügig und kraftvoll, aber nicht in maximaler Geschwindigkeit und pausiere noch bevor die Bewegung durch einen enorm hohen Laktatspiegel zäh und qualvoll wird!


Mit der richtigen Technik, einem kraftvoll-aggressiven, aber kontrollierten Schub und dem Einsatz taktischer Pausen wirst du den Sled Push schnell und effizient meistern und kannst im Anschluss ohne Tempoverlust auf der Laufstrecke performen!

 

Training für Sled Push

Off-Season

Der Sled Push stellt eine der Schlüsseldisziplinen dar und sollte dementsprechend im Training einen hohen Stellenwert einnehmen. Je nach Trainingsphase sollte sich dein Schlittentraining gestalten – in der Off-Season empfiehlt es sich eine gute Basis mit sehr schwerem Gewicht und langen Pausen aufzubauen. Schaffe dir einen Kraftüberschuss, so dass dir in einem späteren Trainingszyklus auch nach Vorbelastung das Wettkampfgewicht keine Probleme bereitet.

💪 Profi-Tipp: Ergänzend dazu solltest du den Sled Push mit wenig Gewicht und sehr hohem Volumen in dein Grundlagentraining integrieren! So kannst du beispielsweise 10 min Laufen mit 5 – 10 min kontinuierlichem Sled Push für eine Gesamtdauer von 50 – 80 min abwechseln. Achte hierbei auf sehr kontrollierte Ausführung in moderater Intensität, so dass du die Dauer problemlos durchhalten kannst. Du wirst dir dadurch eine solide Basis aufbauen und die späteren Wettkampfeinheiten wesentlich besser wegstecken!

Pre-Season

In der Pre-Season (je nach Struktur ca. 8 bis 4 Wochen vor deinem Wettkampf) gilt es deinen Sled Push zu optimieren, indem du immer wieder mit schwerem Gewicht über Wettkampfdistanz gehst und auch den Transfer in den Run miteinbeziehst.

Beispieleinheit in der Pre-Season: 5 Bahnen Sled Push mit WK-Gewicht in 500 m Run. Davon absolvierst du 3 – 5 Runden mit 90 sec Pause.

In-Season

Benjamin Burkhardt am Sled Push

In der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (In-Season) profitierst du dann von deiner erarbeiteten schlittenspezifischen Basis in den Bereichen Kraft, Ausdauer und Geschwindigkeit und fokussierst dich in erster Linie auf häufige und schnelle Transfers aus der Vorbelastung und in den anschließenden Run. Jetzt ist nicht mehr das Ziel deine Schlittenperformance an sich zu verbessern, sondern möglichst wenig Körner zu lassen, um direkt und schnell wieder loslaufen zu können.

Klassische Hyrox-Workouts im Intervall-Stil sind hier dein „täglich Brot“, z.B. alle 4 – 5 min 25 m  Burpee Broad Jumps, 25 m Sled Push, 400 m Run für 5 Runden.

⚠️ Achtung: Es kann nicht häufig genug betont werden, dass „Wettkampfgewicht“ sich auf den gefühlten Anstrengungsgrad bezieht und der Hyrox-Teppich erfahrungsgemäß äußerst schlecht gleitet. Hierbei ist jedoch auch nicht jedes Rennen oder selbst jeder Schlitten innerhalb eines Hyrox-Events gleich. Unvorhersehbare Faktoren wie Abnutzungsgrad an Teppich und Schlitten, Unebenheiten im Hallenboden, Luftfeuchtigkeit und Faltenbildung im Teppich beeinflussen den benötigten Anstrengungsgrad enorm! Dies liegt nicht in deiner Hand; du kannst und solltest dich aber auf das „Worst-Case-Szenario“ vorbereiten, dann wirst du für alle Eventualitäten bestens gewappnet sein! Trainiere also im Zweifel immer mit mehr Gewicht als im Wettkampf angegeben und versuche hin und wieder an ungewohnten und verschiedenen Kombinationen Schlitten/Untergrund zu üben (z.B. auf Gummiboden oder Teer schieben, Gasttrainings in fremden Gyms mit anderem Equipment etc.).


Gestalte dein Schlittentraining nicht unnötig kompliziert. Erarbeite dir eine solide Grundkraft und  -ausdauer und werde zum Wettkampf hin immer spezifischer und du wirst dir in dieser häufig gefürchteten Disziplin einen entscheidenden Vorteil und eine hervorragende Position für den Rest deines Hyrox-Rennens verschaffen!

 

Alternativ- und Ergänzungsübungen

Ein häufiges Problem stellt die Verfügbarkeit des entsprechenden Equipments dar: Ein Sled ist zwar in immer mehr Gyms zu finden, gehört aber noch lange nicht zur Standardausstattung. Besonders in der direkten Wettkampfvorbereitung solltest du hin und wieder am Schlitten trainieren, aber für einen Großteil des Trainings gibt es zahlreiche Alternativen und Ergänzungsübungen, die einen hervorragenden Übertrag auf den Sled Push haben.

So kannst du eine Box oder Hantelscheibe (auf Gummiboden) schieben. Hier wirst du aufgrund der hohen Reibung nicht viel Gewicht benötigen. Auch steile Berg- oder Treppensprints eignen sich hervorragend, da hier ähnlich hohe Belastungsintensitäten auftreten und vor allem die Laktattoleranz trainiert werden kann.

Ergänzend bieten natürlich alle Kraft-Basics wie Back und Front Squats, Pin Squats (Vorteil: wie auch beim Schlitten kann die Exzentrik ausgeschaltet sowie der beabsichtigte Kniewinkel trainiert werden), Hack Squats (Hackenschmitt-Kniebeuge) und vor allem einbeinige Varianten wie Heavy Lunges und Split Squats einen hohen Übertrag.

💡 Need to know: Letztlich ist der Sled Push nichts anderes als eine Serie schwerer Single Leg Half Squats in hohem Volumen und bist du in diesen Übungen stark aufgestellt, wirst du auch im Schlitten eine gute Leistung bringen!

 

Taktik im Hyrox-Wettkampf

Die Taktik beim Sled Push kann entscheidend sein. Wie bereits verdeutlicht, solltest du es unbedingt vermeiden zu weit „ins Laktat“ zu gehen, da du sonst übermäßig lang zur Regeneration benötigst. Halte deine Erschöpfung also in Grenzen und setze rechtzeitig auf kurze Pausen. Bei vielen Athleten hat es sich durchgesetzt etwa eine halbe Bahn zu schieben. Wenn du sehr stark am Schlitten bist, kannst du ggfs. die ersten 1 – 2 Bahnen durchschieben. Der Anschub sollte kraftvoll-explosiv erfolgen, bevor du in einen konstanteren Rhythmus übergehst. Denke immer daran, dass es dir nichts hilft einige Sekunden schneller am Schlitten zu sein, die du dann auf der Laufstrecke aufgrund der Anstrengung doppelt und dreifach wieder einbüßt.

Finde unbedingt im Training zuvor heraus, welche Taktik für dich am effizientesten ist und welches Tempo du ohne großen Leistungsverlust im anschließenden Run gehen kannst. Eine gute Testmöglichkeit ist beispielsweise der 50 m Sled Push mit anschließendem 1000 m Run auf Zeit. Stoppe dabei jeweils die Einzel- und Gesamtzeit der verschiedenen Taktiken und Techniken und vergleiche Zeiten, Pulswerte und Anstrengungsgrad. Dieser Test sollte immer unter möglichst gleichen Bedingungen stattfinden und gibt dir einen guten Anhaltspunkt für deine Renntaktik.

 

Sled Push im Hyrox Double

Sled Push Hyrox Mixed Double Benni und Megan

Der Sled Push lässt sich im Double natürlich wesentlich einfacher absolvieren und birgt im Gegensatz zum Einzel wenig Gefahr, den Rest des Rennens enorm zu verlangsamen. Dementsprechend ist hier die Devise „Speed is King“: Gehe also aggressiv an den Schlitten und gib Vollgas! Achte dabei wie im Einzel aber auch auf rechtzeitige Pausen bzw. Wechsel noch bevor die Ermüdung einsetzt und das Bewegungstempo leidet. Da der Wechsel nicht lange dauert hat es sich bewährt nach ca. einer halben bis einer Bahn zu tauschen.

Die Taktik hängt stark vom Kräfteverhältnis des Athletenpaares ab. Generell gilt: Der stärkere Athlet beginnt in der Regel und legt möglichst viel Strecke zurück, bevor die Ermüdung einsetzt. Unabhängig von der Leistung am Schlitten sollte der stärkere Runner das Workout beenden, da selbst wenige Meter Sled Push in maximaler Intensität das Loslaufen deutlich erschweren.

Im Training fokussiert ihr euch auf schnelle Wechsel und hohes Schlittentempo, z.B. 10 min IGYG (I go, you go) Sled Push auf maximale Distanz. Hier könnt ihr euren Trainingsfortschritt und verschiedene Wechselstrategien auch objektiv testen und messen. Ist ein generelles Kraftungleichgewicht oder -defizit vorhanden, gilt es das Training ähnlich wie im Einzel zu periodisieren, um langfristig Fortschritte zu erzielen.

 

Fazit

Der Sled Push ist bei vielen Hyrox-Athleten geradezu gefürchtet und aufgrund des Teppichs oftmals unberechenbar. Zudem stellt er sehr früh im Rennen eine Schlüsseldisziplin dar, die den weiteren Verlauf entscheidend beeinflussen kann. Mit der richtigen Trainingsstruktur und Wettkampftaktik gibt es aber keinen Grund zur Sorge und du kannst dich bestens für den Rest des Rennens positionieren.